Mittwoch, 2. August 2023, 20 Uhr

Eröffnungskonzert der Stadtwerke Kamp-Lintfort

Abteikirche Kloster Kamp

Anlässlich 900 Jahre Kloster Kamp
Eine musikalische Hommage an das Europa der Zisterzienser.
Mit Werken von Händel, Debussy, Mozart, Arriaga, Bach, Franck und
Wieniawski


Als 1113 n. Chr. Bernhard von Clairvaux neuer Abt des 1098 gegründeten Ordens in Citeaux wurde, verbreiteten sich die Zisterzienserklöster rasch über ganz Europa. Das erste Kloster auf deutschem Boden, das sich diesem bescheidenen Leben und der Rückbesinnung auf die Lehren des Benedikt von Nursia verpflichtet hatte, war vor genau 900 Jahren Kloster Kamp am Niederrhein.
Auch das Kammermusikfest möchte mit dem Eröffnungskonzert in der Abteikirche dieses Ereignis würdigen. Die Auswahl der Komponisten folgt der Ausbreitung der Zisterzienser in Europa. Komponisten aus den für diese Entwicklung wichtigsten Ländern der damaligen Zeit werden zu einem abwechslungsreichen Programm zusammengestellt. Dabei variieren sowohl die Besetzungen als auch die Epochen und Stile der Werke. Der große Spannungsbogen reicht von einer Orchestersuite Bachs über ein Streichquartett des so genannten spanischen Beethovens Juan Chrisóstomo de Arriaga, dem berührenden Solostück für Flöte „Syrinx“ von Claude Debussy bis zur Hit-Arie „Panis Angelicus“ des Belgiers César Franck.
Einen besonderen Bezug zum Kloster Kamp stellt im Programm dabei das Flötenquartett von Wolfgang Amadeus Mozart dar: Der Widmungsträger und Auftraggeber sämtlicher Flötenwerke Mozarts, Ferdinand Dejean, vermachte seinen Nachlass seinerzeit dem Kloster Kamp. Zu Beginn des Jubiläumskonzerts aber wird ein „Salve Regina“ von Georg Friedrich Händel erklingen. Dieser an die Jungfrau Maria gerichtete Vers wird unter anderem Bernhard von Clairvaux zugeschrieben. Bis heute haben immer wieder Komponisten die so genannte marianische Antiphon vertont. Händel hat sie auf sehr emotionale und ergreifende Art für Sopran und Basso continuo gesetzt.
Die Farbigkeit des Eröffnungsprogramms spiegelt die Vielfalt Europas wider, die für den europäischen Gedanken schon immer wichtig war und das Leben, die Kultur und die Musik im Besonderen bereichert.

Donnerstag, 3. August 2023, 20 Uhr

Konzert im Kloster

Rokokosaal Kloster Kamp

Robert Schumann: Klaviertrio Nr. 2 F-Dur, op.80

Johannes Brahms: Zwei Lieder, op.91

Max Reger: Serenade, op.141a

Johannes Brahms: Streichquintett Nr.1 F-Dur, op.88


Robert Schumann komponierte im Jahr 1847 zwei Klaviertrios sehr unterschiedlichen Charakters. Das F-Dur Trio op.80 ist dabei das liedhaftere. Nicht nur, dass er in dem Werk das Eichendorff-Lied „Dein Bildnis wunderselig, hab ich im Herzensgrund“ (op.39/2) zitiert, auch die Spielanweisung im zweiten Satz: „mit innigem Ausdruck“ und die Ersetzung eines Scherzo durch einen langsameren Satz tragen dazu bei. Clara Schumann liebte das Werk leidenschaftlich und auch Robert Schumann selbst fand es sogar „freundlicher“ als das Schwesterwerk in d-Moll.
Johannes Brahms schrieb über 200 Kunstlieder und bearbeitete fast 100 Volks- und Kinderlieder. Die beiden „Gesänge“ op.91 für Singstimme, Viola und Klavier sind sein einziges Beispiel „vokaler Kammermusik“. Dem Viola-Part kommt dabei eine ebenso große Bedeutung zu wie der vokalen Linie. Das erste Lied „Gestillte Sehnsucht“ vertont ein Gedicht von Friedrich Rückert. Dem zwanzig Jahre zuvor geschriebenen zweiten Lied, dem „Geistlichen Wiegenlied“, liegt ein Gedicht von Emmanuel Geibel mit der bekannten Melodie von „Joseph, lieber Joseph mein“ zugrunde. Die Serenade in G-Dur ist eines von Max Regers letzten Werken. Sie entstand 1915 auf der Woge eines Glücksgefühls, das der Komponist nach seinem Weggang aus Meiningen und dem Erwerb einer großen Villa in Jena empfand. Mit der Ankündigung „Jetzt beginnt der freie, jenaische Stil bei Reger“ eröffnete er eine neue, fruchtbare Schaffensperiode. Die sehr fröhliche, brillante und durchsichtige Serenade im Stile des Neo-Barock hat ihr Vorbild in den Serenaden Ludwig van Beethovens und ist im Geiste der Divertimenti der Wiener Klassik geschrieben.
Auch das Streichquintett Nr.1 in F-Dur von Johannes Brahms ist ein Spätwerk. Er schrieb es 1882 in Bad Ischl, und es avancierte schnell zu einem Lieblingsstück seiner Zeitgenossen. Selbst einer seiner größten Kritiker, Hugo Wolf, konnte sich dem Charme dieses Werkes nicht entziehen. Er selbst nannte es „ein Frühlingsprodukt“.

Samstag, 5. August 2023, 17 Uhr

Soirée

Johanniskirche Rayen

Franz Schubert: Streichtrio B-Dur, D 581

Franz Schubert: Salve Regina A-Dur, D 676

Walter Braunfels: Streichquintett fis-Moll, op.63


Eines der Hauptwerke in der „Streichtrio-Literatur“ ist das Trio in B-Dur, D581 von Franz Schubert. 1817 komponiert, ist es ein typisches Zeugnis eines Wendepunkts in Schuberts Schaffen. Deutlich spürt man noch die klassische Form und die Vorbilder der Wiener Klassik, vor allem Joseph Haydns, aber auch den romantischen Stil, der seine späteren Werke prägte.
Auch Franz Schubert schrieb mehrere Vertonungen der marianischen Antiphon: Dieses Salve Regina in A-Dur ist ursprünglich für Sopran und Streichorchester gesetzt. In der Fassung mit solistisch besetzten Streichern erinnert es sogleich an den Stil seiner berühmten Streichquartette.
Walter Braunfels war vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten einer der meistgespielten Opernkomponisten Deutschlands. Vor und nach der nationalsozialistischen Diktatur, während der er sich in die innere Emigration zurückziehen musste, war Braunfels Rektor der Kölner Musikhochschule. Sein Streichquintett ist eine deutliche Hommage an das berühmte Streichquintett mit zwei Celli von Franz Schubert. Obwohl viel komprimierter, erinnert es in seiner spätromantischen Dichte, der düsteren Grundstimmung und dem symphonischen Klang stark an seine Opern, wie zum Beispiel an „Die Vögel“ oder „Jeanne d'Arc“.

Samstag, 5. August 2023, 22 Uhr

Nachtkonzert

Martinstift Moers

Lili Boulanger: „D'un soir triste“ für Klaviertrio

Maurice Ravel: Shéhérazade „La flûte enchantée”

Maurice Ravel: „Chansons Madécasses“

Ottorino Respighi: „Il Tramonto”

André Léon Caplet: „Viens! Une flûte invisible soupire”

Maurice Ravel: Klaviertrio a-Moll (1914)


Das überwiegend französischen Werken gewidmete Nachtkonzert wird mit einem Klaviertrio mit dem Titel „D’un soir triste“ („Von einem traurigen Abend“) eingeleitet. Mit 24 Jahren, wenige Wochen vor ihrem Tod an Tuberkulose, vollendete Lili Boulanger 1917 zwei Stücke für Klaviertrio. Der Ausdruck dieser Werke liegt eher im Bereich der Farbmalerei als in plakativer Programmatik. Es überwiegt eine verhaltene und leise Dynamik. Beide Stücke changieren hochexpressiv zwischen Freude, Schmerz und Trauer. Lili Boulanger hatte mit 19 Jahren als erste Frau den begehrten „Prix de Rome“ des Pariser Konservatoriums gewonnen, der mit einem Jahresstipendium in der Villa Medici in Rom verbunden war.
Von Ravels Interesse an orientalischer und fremdländischer Musik zeugen sowohl der dreiteilige Zyklus madagassischer Lieder als auch der Zyklus der Orchesterlieder „Scheherazade“. Mit dieser Vertonung der von „Tausendundeiner Nacht“ inspirierten Gedichtsammlung Tristan Klingsors konnte der Komponist seinen ersten großen Erfolg verbuchen. Während das erste ein Original-Kammermusikwerk ist, erklingt von dem orientalisch-symphonischen Zyklus in diesem Konzert der zweite Satz, „Die Zauberflöte“, in der Besetzung für Flöte, Klavier und Gesang.
Selten hört man Kammermusik des italienischen Komponisten Ottorino Respighi, was unseren Blick auf sein Werk etwas verzerrt. Eine Besonderheit unter seinen Kammermusikwerken ist dabei das lyrische Poem über den Sonnenuntergang: „Il Tramonto“.
Auch Caplet wurde schon 1901 Preisträger des „Prix de Rome“, übrigens gegen die Konkurrenz Maurice Ravels, bevor er Schüler von Claude Debussy wurde. Sein kurzes Lied „Viens! Une flûte invisible soupire ...“ („Komm! Eine unsichtbare Flöte seufzt…“) ist die Vertonung eines Gedichts von Victor Hugo. Um 1900 komponiert, ist es Caplets frühestes erhaltenes Lied.
Ravels großartiges Klaviertrio schließt dieses impressionistische Nachtkonzert ab.

Sonntag, 6. August 2023, 11 Uhr

Matinée

Schloss Ossenberg

Lili Boulanger: „D’un matin de printemps“ für Klaviertrio

Carl Maria von Weber: Trio g-Moll, op.63

Frédéric Chopin: Klaviertrio g-Moll, op.8

Carl Maria von Weber: Klavierquartett B-Dur, op.8


Nach dem zweiten Stück für Klaviertrio von Lili Boulanger, „D'un matin de printemps“ („Von einem Frühlingsmorgen“), dominiert in der Matinée Kammermusik von Carl Maria von Weber. Bekannt als Komponist der berühmten Oper „Der Freischütz“ ließ er sich für sein großes Klaviertrio mit Flöte von einem Volkslied inspirieren. Er lernte es als „Schäfers Klagelied“ in der Nachdichtung von Johann Wolfgang von Goethe kennen und schätzen. Als typisches Schäferinstrument war die Flöte für das Adagio der Komposition, das auf romantische Weise Liebes-Sehnsucht, Volkslied-Ästhetik und Goethekult vermischt, wie geschaffen.
Angenehm-heitere Unterhaltung erwartet die Zuhörer in dem Frühwerk Webers, dem Klavierquartett op.8. Eindeutig steht hier die Freude an dem virtuosen Klavierpart im Vordergrund.
Von den Kompositionen Webers umrahmt wird ein Frühwerk eines anderen Komponisten, der nicht als Kammermusikschaffender in die Geschichte eingegangen ist. Frédéric Chopins Klaviertrio op.8 ist unverkennbar das Werk eines jungen Klaviervirtuosen. Umso mehr erfreut es, wenn jetzt auch Streicher einmal in Chopins teils düstere, romantische Welt eintauchen dürfen.
Interessanterweise zeigt sich auch bei Chopin im Adagio, in der im italienischen Stil gehaltenen sanft singenden Arienmelodie, eine Bewunderung für die Kunst italienischer Opernsänger in Paris.

Sonntag, 6. August 2023, 18 Uhr

Abschlusskonzert

Schloss Bloemersheim

Sergei Rachmaninoff: Streichquartett Nr.2 g-Moll

Johannes Brahms: Sonate A-Dur für Klavier und Violine „Tuner Sonate" op.100

Johannes Brahms: Klavierquartett A-Dur, op.26


Bevor im Abschlusskonzert zwei bedeutende Werke Brahmsscher Kammermusik erklingen, wird das Konzert mit einem weiteren Juwel der Kammermusik eines Klaviervirtuosen eröffnet. Sergei Rachmaninoff erregte als junges Genie nicht nur mit seiner Klaviermusik Aufsehen, sondern zunächst mit seinem Operneinakter „Aleko“. Für die Kompositionsprüfung am Konservatorium geschrieben, führte es zu einer Förderung durch den begeisterten Peter I. Tschaikovsky. Außerdem komponierte Rachmaninoff mit 16 Jahren das 1947 posthum als fragmentarisches Streichquartett Nr.1 herausgegebene Streichquartett, von dem leider nur zwei Sätze erhalten blieben.
Als Brahms mit der Komposition seiner drei Klavierquartette begann, war auch er erst 22 Jahre jung. Und doch ist der erste Satz ein Meilenstein im Frühwerk von Brahms.
Die Sonate op. 100 ist in dem berühmten „Kammermusiksommer" am Tuner entstanden in Erwartung einer „guten Freundin“, der Sängerin Hermine Spieß. Er komponierte für sie zwei Lieder und diese Sonate, die sowohl atmosphärisch als auch thematisch eng miteinander verbunden sind. Eine „ Liebes- und Liedersonate“ eben.

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